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Saxofon und Orgel

Ein außergewöhnliches Konzert in der Christuskirche Eislingen

30.10.2009 - Walter Blum

 

Saxofon und Orgel – passt das zusammen? Das „weltliche“, sinnliche Instrument des Jazz und der Tanzmusik und das traditionelle kirchliche der Choräle und Präludien? Dieter Kraus mit seinen verschiedenen Saxofonen und Andreas Gräsle an der Orgel der Christuskirche Eislingen bewiesen einer begeisterten Zuhörerschaft, dass die zwei Instrumente hervorragend miteinander harmonieren können, wenn zwei große, aufeinander eingespielte Könner am Werk sind und wenn geeignete Musik ausgewählt wird. Alle Stücke wurden von den Interpreten für ihre Besetzung bearbeitet oder improvisiert.

Der Bogen spannte sich von Improvisationen zu einer gregorianischen Sequenz der Hildegard von Bingen (1098-1179) bis zu der isländischen Popmusikerin Björk (geb. 1965) Einen Schwerpunkt des Programms bildete Filmmusik, aber auch der spätromantische englische Symphoniker Gustav Holst, der französische Orgelmystiker Olivier Messiaen und Samuel Barber, ein amerikanischer Komponist der klassischen Moderne, waren vertreten. Musik im Kino hat die Aufgabe, Atmosphäre zu schaffen und das dramatische Geschehen auf der Leinwand zu steigern oder Ruhepunkte zu schaffen. Und so war dieses Konzert nicht als Abfolge einzelner musikhistorisch abgegrenzter „Werke“ konzipiert, sondern als nahezu nahtlos ineinandergreifende Szenen, teils von meditativer Ruhe und dichter Atmosphäre, teils von heftiger Dramatik geprägt. Und vielleicht haben so sinnfällige Titel wie „Dancer in the Dark“ , „Spain“ oder der temperamentvolle argentinische Tango von Astor Piazolla ja auch innere Bilder bei der Zuhörern ausgelöst, quasi „Kino im Kopf“.

Ein solches Projekt kann nur gelingen, wenn exzellente Künstler ihre Instrumente perfekt beherrschen. Dieter Kraus begeisterte durch die schier unglaubliche Spannweite bei Dynamik und Klangfarbe vom samtweichen Pianissimo bis zum strahlenden, beinahe aggressiven Fortissimo. Dazu kommt noch der unterschiedliche Klangcharakter der eingesetzten Instrumente (Sopran-, Alt- und Tenorsaxofon). Bewundernswert auch die physische Leistung des Saxofonisten bei zwölf Programmpunkten samt Zugabe. Andreas Gräsle stand mit der 1906 gebauten und im spätromantischen Stil erweiterten Orgel der Christuskirche ein symphonisches Instrument zur Verfügung, das für Musik dieser Art ideal geeignet ist und dessen reichhaltige Farbpalette er souverän nutzte und zur Geltung brachte. Seine vielfältigen Rollen als Komponist, Arrangeur, Ein-Mann-Orchester und Klangfarbenzauberer hat er hervorragend gemeistert. Die Zuhörer bedankten sich mit begeistertem Applaus für ein in jeder Hinsicht außergewöhnliches Konzert.

Andreas Gräsle und Dieter Kraus in der Christuskirche Eislingen