Vom Enteisungsmittel des Airports Stuttgart zum Klärgas in Salach
SPD-Exkursion
19.2.2012 - Harald Kraus
Auch das auf dem Stuttgarter Flughafen anfallende Enteisungsmittel wird im Klärwerk des Abwasserzweckverbandes Mittlere Fils in Salach verarbeitet und der Klärgasproduktion zugeführt. Dies erfuhren 23 Eislinger Sozialdemokraten bei einer Führung durch den Betriebsleiter der Anlage, Dipl.-Ing. Andreas Rößner, am Samstagnachmittag anlässlich ihrer Winterwanderung. Wie die Abwasserreinigung in der Anlage von statten geht, konnte bei der Besichtigung nachvollzogen werden. Die Exkursion war von Vorstandsmit-glied Walter Auer organisiert worden.
Schon vor über 50 Jahren haben die Gemeinden Salach, Süßen, Donzdorf, Gingen, Kuchen und Bad Überkingen mit dem Teilort Oberböhringen erkannt, dass die Verbesserung der Wasserqualität der Gewässer in gemeinsamer Verantwortung in Angriff genommen werden muss. Sie bauten eine leistungsfähige Kläranlage, die den notwendigen und aktuellen Standards Rechnung trägt. „Leider“, so Dipl.-Ing. Rößner, „kann wegen Wegfalls des Volumens aus der ehemaligen Papierfabrik und anderer gewerblicher Betriebe die Kapazität des Klärwerks nicht voll ausgenutzt werden.“. Folglich habe man nach Alternativen gesucht und diese zum Beispiel in der Abnahme des auf dem Stuttgarter Flughafen verwendeten Enteisungsmittels, das mit Tankwagen nach Salach gebracht wird, wenigstens in kleinerem Umfang realisieren können. Die Enteisungsflüssigkeit, die aus Wasser, Glykol und anderen Zusatzstoffen besteht, wird von der Entwässerungsanlage des Airports aufgefangen und – weil sie nicht mehr wiederverwendbar ist – nach Salach entsorgt, dort gereinigt und im Endstadium in einen der beiden Faultürme gepumpt, wo sie zur Herstellung von Klärgas beiträgt.
Der Löwenanteil des Abwassers kommt aber aus den Kanalisationen der Mitgliedsgemein-den des Abwasserverbandes, dessen Anlage auf ein Volumen von 800 Litern pro Sekunde ausgelegt ist. Andreas Rößner schilderte anschaulich die Entstehung und Entwicklung des Abwasserverbandes und seines hochmodernen Klärwerks, das weitestgehend vollauto-matisch funktioniert und mit Hilfe von über 100 Messpunkten elektronisch gesteuert wird. In der Anlage sorgen acht Beschäftigte für einen reibungslosen Ablauf, die Wartung und bewerkstelligen anfallende Reparaturarbeiten.
Der Betriebsleiter erläuterte der SPD-Besuchergruppe den Verfahrensprozess, dem das Abwasser unterworfen wird. Zunächst gelangt das zu behandelnde Abwasser in die „mechanische Vorbehandlung“, einer Reinigungsstufe, die aus der Rechenanlage, dem Sand- und Fettfang sowie dem Vorklärbecken besteht. Hier werden fäulnisfähige organische Stoffe aus dem Abwasser entfernt sowie Sand und Fett zurückgehalten. Dann schließt sich die „biologische Reinigung“ an, in der das Abwasser nach dem Belebungsverfahren weiter gereinigt wird. „Hier bauen unvorstellbar große Mengen an Mikroorganismen die gelösten organischen Kohlenstoffverbindungen ab“, erklärte der Experte und ergänzte, dass den Bakterien durch sechs große sogenannte Mammutrotoren der benötigte Sauerstoff zuge-führt wird. Nun schließen sich zwei Zonen an, in denen der Nitratstickstoff aufgespalten wird und der Abbau der organischen Kohlenstoffe und die Oxydation der Stickstoffverbindungen erfolgt. Im Belebungsbecken setzen sich im weiteren Verlauf die Schlammflocken ab und werden automatisch und kontinuierlich von der Beckensohle geräumt.
Das Verfahren wird schließlich im Faulturm fortgesetzt, wo der anfallende Schlamm unter Luftabschluss bei einer Temperatur von cirka 32 – 35 Grad „ausfault“, wie Andreas Rößner den weiteren Prozess beschrieb. Der Schlamm verweilt ca. 30 – 40 Tage im Faulturm, wo bei der Umsetzung von organischer Substanz durch Mikroorganismen Klärgas entsteht. Dieses enthält zum größten Teil Methan und Kohlendioxyd. Das Klärgas wird in einem Trockengas-behälter zwischengespeichert und anschließend mit einem Gasmotorenaggregat umwelt-freundlich in Strom und Wärme umgewandelt. Rößner erläuterte weiter, dass „die Wärme-energie für die Beheizung des Faulturms und die Aufwärmung der Schlämme sowie für die Raumheizung des Betriebs- und Maschinengebäudes genutzt wird“. Der getrocknete Klär-schlamm wird entwässert und mittels Verbrennung entsorgt.
„Wir erfüllen weitestgehend die hohen Auflagen der Genehmigungs- und Aufsichtsbe-hörden“, versicherte der Betriebsleiter, nur sehr seltene und geringe Überschreitungen der Höchstwerte kämen vor. Das hauseigene Labor nehme eine gewissenhafte Eigenkontrolle der Schmutzparameter im Zu- und Ablauf der Kläranlage vor. „Wir danken Ihnen dafür, dass Sie uns diese hochmoderne aber weithin unbekannte High-Tech-Anlage gezeigt und erläutert haben“, sagte SPD-Vorstandsmitglied Walter Auer, dem seinerseits der Ortsvereinsvor-sitzende Hans-Ulrich Weidmann für die Organisation des aufschlussreichen Besuchs Dank sagte.
Die Winterwanderung des SPD-Ortsvereins führte danach ans Ostende Salachs weiter und von dort südlich der B 10 zum FC-Heim, wo in geselliger Runde der interessante Nachmittag beschlossen wurde.

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