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'Es goht it um Mehrheita' und “Katholisch oder doch christlich'?

Bruno Jonas gastiert in der Eislinger Stadthalle

06.3.2012 - Text und Fotos: Axel Raisch

 

Wer unterhalten werden will ist bei Bruno Jonas falsch. Unterhaltung gibt es bei ihm nicht. Nicht einfach so. Die muß sich jeder Zuschauer erarbeiten. Man achte auf die vermeintliche Beiläufigkeit des versteckten Witzes, der unbemerkt vorübergehen kann. Das lohnt sich aber und wird belohnt. Mit dem Blick in wahre Abgründe der Gesellschaftsanalyse lachen zu können und den Widerhall zu spüren. Einschläge hören, ohne ein Mündungsfeuer zu sehen. Der ehemalige Fastenprediger Bruno Jonas spricht das Zwerchfell über das Hirn an und nicht unter der Gürtellinie. Ironie ist nicht jedermanns Sache, es bedarf gewisser rezeptorischer Fähigkeiten bei Jonas‘ literarischer Travestie“. Die Besucher der ausverkauften Eislinger Stadthalle bewiesen diese am Samstag. Aufgehängt ist das Programm „Es geht weiter” an der Kunstfigur Hubert Unwirsch, der als Unternehmens- und Politikberater gerade einen Prozeß wegen Untreue überstanden hat, nun als Gast in einer Talkshow auftreten soll und nebenbei noch die Beziehung zu zwei Frauen über den „kommunikativen Fleischwolf“ telefonisch koordinieren muß.

Der Niederbayer erntet die größten Lacher als er die Schwaben parodiert - auch wenn er sie etwas trottelig darstellt. Was will man auch erwarten von einem Menschenschlag, dessen Kosmos sich um den Juchtenkäfer dreht? Jonas macht sich derweil lieber Gedanken, wie er wohl schmeckt, der Juchtenkäfer: gegrillt, gedünstet oder doch lieber paniert? Denn der Mensch ist, was er ißt. Dem niederbayrischen Kabarettisten schmeckt Schwein am besten. Alleine die dazu passende Religion hat er noch nicht gefunden. Was will er werden: “Katholisch oder doch christlich?“ Bruno Jonas alias Hubert Unwirsch ist nichts heilig, nicht im Geringsten. Obgleich er sich bibelfest zeigt. Vom Wirtschaftsweisen Lukas erzählt und die Korruption als gottgegeben betrachtet, die er wortreich mit dem Opferbrauch aus dem Alten Testament zu belegen versucht. So sieht seine Kulturgeschichte der Korruption aus. Unwirschs Analyse des hier und heute fußt stets auf dem stabilen Fundament der Geschichte. So wäre auch die heutige Orientierungslosigkeit der Griechen für Kenner der Fahrten des Odysseus durchaus vorhersehbar gewesen. Keiner hat je schöner gezeigt, dass auch die Grünen lupenreine Demokraten sind. “Es goht it um Mehrheita”, schwäbelt er und übersetzt für den Rest der Welt was die Dame aus dem Bahnhofsvorfeld damit nach der Volksabstimmung zu S21 gemeint hat: “Auf Mehrheiten ist gschissen”.

Der natürliche Feind des politischen Kabarettisten sind gute Politiker. Wen wunderts also, dass Bruno Jonas Hubert Unwirsch gegen den designierten Bundespräsidenten ätzen läßt. Figuren wie Wulff, die klingen als seien sie von Kermit dem Frosch oder OTTO synchronisiert worden und den Rubikon zum Nebenfluß der Leine degradieren sind bedeutend dankbarere Opfer.
In der Pause signiert Bruno Jonas Bücher weil er nach der Vorstellung schnell wieder weg muß um am Sonntagmorgen mit dem derzeitigen Staatsoberhaupt, Bundesratspräsident Horst Seehofer, bei Helmut Markworts Stammtisch im Bayrischen Fernsehen aufzutreten.

Bruno Jonas beweist seine ganze Schlagfertigkeit im Dialog mit den Masochisten der ersten Reihe, die traditionsgemäß in der Rolle der Opfer glänzen. Das Publikum in der brechend vollen Stadthalle jubelt begeistert. Nach Hallervorden war dies in kurzer Zeit das zweite kabarettistische Schmankerl in Eislingen, dieses Mal für die Besucher der Wochenendreihe des Eislinger Kulturamts.

Unternehmens- und Politikberater Hubert Unwirsch alias Bruno Jonas