Der demografische Wandel in den Kirchen
03.4.2012 - Felix Müller, Dekanatsreferent
Die Diskussion um die Austritte verstellt den Blick auf den demografischen Wandel. „Nicht die Austritte sind das Problem, sondern die mit dem demografischen Wandel verbundene hohe Zahl an Sterbefällen der Kirchenmitglieder“, bringt der Referent Joachim Eiken vor knapp 40 Hauptamtlichen der beiden Kirchen die derzeitige Situation auf den Punkt.
Der Diplomgeograph vom Statistischen Amt der Stadt Stuttgart verdeutlicht:
“Die Kirchen sind vom demografischen Wandel in doppelter Weise betroffen und zwar: als Betroffene durch „eigenen“ demografischen Wandel ihrer Mitglieder (Mitgliederstruktur und -entwicklung) und als gesellschaftsrelevanter Akteur / Anbieter sozialer Dienste und Einrichtungen. Daher müssen sich die Kirchen mit dem demografischen Wandel in ihren eigenen Reihen und in der Gesellschaft
insgesamt auseinandersetzen“. Dass die Thematik allerdings in seiner Bedeutung bei den Kirchen noch nicht adäquat „angekommen“ sei, unterstreicht er damit, dass es zur Beurteilung des demografischen Wandels in der evang.- wie in der katholischen Kirche nur sehr eingeschränkt Daten geschweige denn umfassende Untersuchungen zum demografischen Wandel zur Verfügung stehen.
„Künftig werden Alterskohorten (Jahrgänge) in das Seniorenalter hineinaltern, die eine deutlich geringere Kirchenbindung aufweisen. Durch weitere Austritte der Kirchenmitglieder im Alter zwischen 25 und 35 Jahren wird zusätzlich der Anteil der Kirchenmitglieder unter den Einwohnern weiter sinken. Mit der „Entkirchlichung“ ist eine „Entjüngung“ der Kirchenmitglieder verbunden“, so Eiken.
Das Durchschnittsalter der Kirchenmitglieder in der Diözese Rottenburg-Stuttgart hat sich von 42,7 Jahre (2005) auf 44,2 Jahre (2010) erhöht.
Die Hauptursache für den Mitgliederschwund liegt in der röm.-kath. Kirche - wie auch in der evang. Kirche - an der hohen Zahl an Sterbefällen. Das hohe „Taufdefizit“ wird sich in den nächsten Jahren noch verstärken, ein Ende dieser negativ verlaufenden Entwicklung ist nicht erkennbar. Die Zahl der Einwohner in Landkreis Göppingen wird nach Angaben des Statistischen Landesamt Baden- Württemberg in den nächsten 20 Jahren von 255 000 auf 241 000 Einwohner (-5,4%) sinken. Es gibt keine Anzeichen, dass die katholische und die evangelische Kirche durch Wanderungen aus dem Ausland nennenswerte Wanderungsgewinne erzielen werden. Die „natürliche Komponente“ (Geburtendefizit und Sterbeüberschuss) wird die künftige Entwicklung der Kirchenmitglieder noch stärker beeinflussen als in den vergangenen Jahren: Bedingt durch den generellen Geburtenrückgang wird die Zahl der Taufen weiter abnehmen. Durch die starke Alterung wird demgegenüber die Zahl der Sterbefälle und damit der Beerdigungen zunehmen.
Als Fazit wurde durch den Statistiker benannt: “Den Kirchen laufen die Mitglieder weg, die wenigen, die noch da sind, sterben weg, der Nachwuchs wird nicht geboren, geschweige denn getauft, eine Änderung ist aus statistischer / demografischer Sicht nicht erkennbar, die Zahl der Kirchenmitglieder wird im bisherigen Umfang weiter abnehmen“ mit dieser Aussage werden sich die Hauptamtlichen der beiden Kirche weiter beschäftigen müssen.
Zahlenmaterial:
Baden-Württemberg
Einwohner insgesamt
1990: 9 822 000
2010: 10 754 000
2010/1990: 932 000 (9,5%)
Kath. Kirchenmitglieder
1990: 4 327 000
2010: 3 886 000
2010/1990: - 441 000 (-10,2%)
Evang. Kirchenmitglieder
1990: 3 857 000
2010: 3 465 000
1990/2010: - 392 000 (-10,2%)
Andere/keine Religion (errechnet)
1990: 1 638 000
2010: 3 403 000
1990/2010: 1 765 000 (107,7%)
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Einwohner im Landkreis Göppingen
2005 257 750
2010 252 500
2005/2010: - 5 250 (-2,0%)
Im Lk. Göppingen wird die Zahl der
Einwohner bis 2030 auf 241 000
Einwohner (- 5,4%) sinken.
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Mitgliederentwicklung
Kath. Dekanat
Göppingen-Geislingen
1991 – 2010
Taufen, Eintritte,.. 16 196
Austritte -9 812
Beerdigungen -20 129
Wanderungen (errechnet) -2 995
Bilanz insg. -16 800 (-16,5%)
Mitgliederentwicklung
Evang. Kirchenbezirke
Göppingen und Geislingen
2003 – 2010
Taufen, Eintritte,.. 7 177
Austritte - 3 729
Bestattungen - 8 898
Wanderungen u.a. - 2 430
Bilanz insg. - 7 780

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